Der Mensch neigt ja zur Bequemlichkeit. Ich wahrscheinlich mehr als andere. Da vertraut man dann schon mal Dienstleistungen unkontrollierbaren Entitäten an, nur weil man zu faul ist, sich selber drum zu kümmern.
So hat es Google mit Hilfe seines Android-Systems geschafft, sich sehr weit in mein Leben zu drängen. Ich hatte nie ein wirklich gutes Gefühl dabei, war aber auch zu träge, etwas dagegen zu tun. Aber Google ist auch immer gut darin, mich daran zu erinnern, dass „Don’t be evil“ ein Firmen-Motto ist, das ein weites Feld für Interpretationen offen lässt. Mit der Abschaltung von Google Reader, immer wieder vorkommenden Abschaltungen von Accounts aus dämlichen Gründen – sie nennen es Klarnamen-Politik – und der generellen Undurchsichtigkeit dieses Datenmollochs im fernen Mountain View, Kalifornien war dann jetzt ein Punkt erreicht, wo meine Bauchschmerzen größer wurden als meine Masseträgheit.
Also erst mal analysieren, welche Google-Services wir eigentlich nutzen.
- Kalendersynchronisierung
- Synchronisierung der Kontakte
- Newsreader
- Playstore
- Google-Lokalisierung auf dem Handy
- Google+
- Google Wallet
- Youtube
- Maps
- Google Earth
- GMail
- Google Talk
- Die Google-Suche
- Ingress
Wow, eine ganz schöne Liste. Ein paar davon sind schöne Spielereien, die ich behalten werde:
- Ingress
- Youtube
- Earth
Für ein paar Sachen gibt es adäquaten Ersatz frei Haus, den man sich nur angewöhnen muss:
- Maps -> Openstreetmap mit den dazu passenden Apps (z.B. Osmand)
- Suche -> z.B. DuckDuckGo
- GMail -> unendlich viele Anbieter. Sachen, die zwangsweise in der GMail-Box landen, kann man übrigens weiterleiten. Das GMail-Interface ist eh autsch.
- Playstore
Der Playstore ist eine eigene Geschichte. Ich werde versuchen, den App-Teil durch das App-Center von Androidpit zu ersetzen. Das hat diverse Vorteile wie Bezahlen per Paypal und damit per Lastschrift statt dem dämlichen Wallet mit seiner Einschränkung auf Kreditkarten, bessere Übersicht durch ausführliche Tests und Userbewertungen und der Möglichkeit, da mit der Straßenbahn vorbei zu fahren und die anzubrüllen, wenn was nicht geht. Den eBook-Teil habe ich nie benutzt, da ich die Reader-App nicht mag, die Preise teilweise unverschämt finde und die Auswahl an englischen Büchern in Deutschland unter aller Sau ist. Ich suche noch einen eBook-Store, wo ich englische Bücher in einem vernünftigen Format zu akzeptablen Preisen kaufen kann. Und der Movie-Store ist echt eine Unverschämtheit. Ich bezahl doch nicht DVD-Preise für das einmalige Ansehen eines Films. Mal ehrlich, wer bezahlt denn 9,99 für einmal Battleship kucken? Da geh ich lieber ins Kino.
Ach ja, der angenehme Nebeneffekt: Kein Playstore, kein Wallet.
Dann bleibt ja gar nicht mehr so viel übrig. Die Lokalisierung per Wifi und Mobilfunk ist leider nicht zu ersetzen. In Großstädten wie Berlin ist GPS immer problematisch wegen der engen Straßen und der hohen Gebäude. Google+ ist schon eher eine Frage der persönlichen Entscheidung. Da warte ich noch darauf, das Google mir einen Grund mehr gibt, meinen Account einfach zu killen. Ich bin zuversichtlich, dass sie das tun werden.
Den Rest habe ich durch eigene Services ersetzt. Das ist vielleicht nicht für jeden so einfach machbar – selber einen Server zu administrieren hat seine Vorteile – aber eventuell ist das ja doch für den einen oder die andere eine Anregung. Google Talk habe ich durch einen eigenen Jabber-Server ersetzt. Die Firma hat jetzt auch einen und damit kann Google Talk weg. Für die Synchronisierungen benutze ich jetzt ownCloud. Das ersetzt mir auch gleich die Dropbox. Und der Reader ist seit ein paar Stunden durch TinyTinyRSS ersetzt.
Wer sich sowas nicht selber zutraut: alle diese Lösungen sind multiuser-tauglich. Vielleicht habt ihr ja einen befreundeten Hacker, dem ihr mehr vertraut als Google, der eh schon eine davon betreibt und euch mit einem Account versorgt. Das bedeutet dann zwar wieder Kontrollverlust aber was soll man machen. Wissen ist eben Macht, heute mehr als je zuvor.
Zu den selbstgehosteten Sachen werde ich versuchen, noch jeweils eigene Artikel zu schreiben.
Fazit: Es geht auch weitgehend ohne Google. Man muss sich nur die Arbeit machen. Ob man das will ist natürlich Einstellungssache. Und dabei geht es mir gar nicht vordergründig um Datenschutz – obwohl der auch eine Rolle gespielt hat – sondern um Abhängigkeit. Megacorps wie Google sind immer zu erst für ihre Anteilseigner und dann für euch da. Kleine lokale Anbieter hören einem immer eher zu und sind auch einfacher zu greifen.
Was du schriebst ist soo wahr. Allerdings gibt es auch noch anderes, was die Menschen mindestens genauso viel im Griff hat, z. b. Facebook und whattsapp… leider ist es für Einzelgängen schwierig, sich da raus zu halten, und man wird auch nicht gerade freudig angeschaut…